Die Salzburger Liedertafel ist seit 100 Jahren im glücklichen Besitz eines eigenen Vereinsheimes, wie es nur wenige Vereine gleicher Art und Größe aufweisen dürften.
Der Weg zur Erreichung dieses Heimes aber war weit:
Bei der ersten Hauptversammlung der Salzburger Liedertafel am 22. November 1847 fasste man den Beschluss, wöchentlich abends Gesangsübungen abzuhalten. Dabei wurde der Ausschuss mit der Auffindung eines geeigneten Übungsraumes beauftragt, was auch rasch gelang.
22.12.1847 bis 22.11.1849, 1. und 2. Vereinsjahr
Beim „Goldenen Hirschen“ im großen Gastzimmer des ersten Stockes in der Getreidegasse wurden die wöchentlichen Übungsabende, die geselligen Zusammenkünfte und das erste Cäcilien- und Gründungsfest abgehalten.
Nach knapp zwei Jahren jedoch wurden die Raumverhältnisse bereits unzulänglich und der Ausschuss musste um eine andere Unterkunft Ausschau halten.
22.11.1849 bis 20.12.1856, 3. bis 9. Vereinsjahr
Einen ihren Verhältnissen entsprechenden Mietraum fand die Liedertafel in der Gastwirtschaft „Zur Traube“ in der Linzergasse, wo die Gründung zwei Jahre vorher stattgefunden hatte. Nach rascher Instandsetzung der gemieteten Räumlichkeiten im vierten Stock konnte bereits beim Cäcilien- und zweiten Gründungsfest das neue Vereinesheim eröffnet werden. Da das Lokal außer den Sängern noch 140 Gästen Raum bot, wurden von nun an mit wenigen Ausnahmen „Produktionen“ daselbst abgehalten, wie z.B. die „Antigone“ im Jahre 1853.
Im Jahre 1852 wurde der Raum renoviert, schließlich verfügte der Saal über dunkelrote mit mattgrünen Feldern und spätgotischer Ornamentik versehene Wände und war mit Sängersprüchen, Bildern, Statuetten und Wappen geschmückt.
20.12.1856 bis 14.02.1857, 9. Vereinsjahr
Obwohl sich die Liedertafel bei der Traube durch sieben Jahre sehr wohl gefühlt hatte, musste der Mietvertrag mit Rücksicht auf dringende Bauherstellungen im Hause gelöst werden. Bis zur Gewinnung eines neuen Heimes fand der Verein wieder im ehemaligen Vereinsheim beim „Hirschen“ in der Getreidegasse gastfreundliche Aufnahme.
14.02.1857 bis 15.01.1861, 10. bis 13. Vereinsjahr
Die Liedertafel hatte schon nach kurzer Zeit das Glück, beim „Brauer im Stein“ am Giselakai (heute Hotel Stein) im 2. Stock ein Heim zu finden. Da das neue Lokal für Gäste zu klein war, wurde mit Zustimmung des Gemeinderates für künftige Produktionen der Rathaussaal gewählt. Außer den Übungsabenden wurden hier des beschränkten Raumes wegen nur kleinere Feiern veranstaltet.
Im Sommer des Jahres 1860 verlegte man die Übungsabende aus dem allzu engen Raum in den Kaserer-Brauergarten zu St.Josef. Das war der Auftakt zur Lösung des bisherigen Mietverhältnisses, welche noch im gleichen Jahre erfolgte.
15.01.1861 bis 22.11.1868, 14. bis 20. Vereinsjahr
Am 19. Dezember wurde ein neuer Vertrag mit dem Gasthof „Zur Traube“ in der Linzergasse auf die Dauer von sechs Jahren abgeschlossen. Mit großer Freude wurden die ansehnliche Habe des Vereines wieder in die von früher her gewohnten Räume übertragen.
Auch eine traurige Erinnerung knüpft sich an diesen Raum. Als zu Beginn der Übung am 17. April 1861 Chormeister Taux zum Klavier trat, um die Übung zu eröffnen, sank er, vom Schlag getroffen, tot zu Boden.
Nach der Hundertjahrfeier der Geburt W.A. Mozarts wurde im September 1856 im Vereinsheim der Liedertafel die Anregung gegeben, einen Bauverein zu gründen, mit der Aufgabe, in Salzburg ein für alle musikalischen Zwecke entsprechendes Gebäude – Mozarteum genannt – zu errichten. Dieses sollte auch geeignet sein, Vereine, unter denen die "Liedertafel" ausdrücklich genannt war, unterzubringen. Als ersten Baustein spendete das unterstützende Mitglied Gregor Baldi den Reinertrag des von ihm herausgegebenen Kunstblattes „Mozart-Apotheose“. Als zweiten Baustein widmete die Liedertafel über Anregung nachträglich das Erträgnis des am 8. Mai 1856 abgehaltenen Liedertafelkonzertes. Beide Spenden bildeten die Grundlage zu einem Mozarteumsbaufonds.
Die Verhandlungen zum Bau dieses Mozarteums aber fanden Schwierigkeiten, wurden verschleppt und durch die Kriegsereignisse des Jahres 1866 ganz zum Stocken gebracht. Nach zweijähriger ergebnisloser Tätigkeit löste sich das Sängerhaus-Komitee, welches 1863 aus Liedertafelmitgliedern gegründet worden war, auf.
Mit der Zahlung der letzten halbjährlichen Mietzinsrate im Herbst 1868 an den Traubenwirt war bereits die Verlängerung des Mietvertrages erörtert worden. Sie wurde abgelehnt, ohne dass für den Augenblick Ersatz vorhanden gewesen wäre.
22.11.1868 bis 16.09.1885, 21. bis 37. Vereinsjahr
Die Einweihung des neuen Heimes geschah in festlicher Weise. Es wurde hiezu der Cäcilientag, an dem auch immer das Gründungsfest stattfand, bestimmt. Die Kosten zur Adaption des neuen Vereinsheimes wurden aus dem Erlös eines zu diesem Zweck veranstalteten Liedertafelballes bestritten. In diesem ersten „St.Peter-Heim“ verrauschten so manche Veranstaltungen und Festlichkeiten.
16.09.1885 bis 13.12.1902, 38. bis 54. Vereinsjahr
Nach 17 Jahren kam es zu einer neuerlichen Änderung des Vereinsheimes, da Prälat Horner die Räume der Liedertafel für Institutszwecke benötigte. Im Sommer 1885 wurde der Liedertafel unter den alten Kunstvereinsräumen (dem heutigen Festsaal) im St. Peter-Stiftshof ein neues Heim zur Verfügung gestellt.
So verlebte die Liedertafel hier weitere 17 Jahre, in denen auch in diesen Räumlichkeiten zahlreiche Veranstaltungen und Festlichkeiten abgehalten worden waren. Ende des Jahres 1902 musste sie eines Umbaues wegen das Benediktinerstift, in welchem sie insgesamt durch 34 Jahre ihr Heim aufgeschlagen hatte, für immer räumen. Das ganze 54. Vereinsjahr hindurch bemühte sich der Ausschuss um die Lösung der Übungsraumfrage. Für einige Zeit schien die Liedertafel im 55. Vereinsjahr ganz obdachlos zu werden.
28.01.1903 bis 15.11.1913, 55. bis 66. Vereinsjahr
Durch Zufall gelang es, die der Stadtgemeinde gehörigen Räume im ersten Trakt des Bruderhaushofes zu St. Sebastian in der Linzergasse ausfindig zu machen. Diese Räume dienten bisher als Tapeziererwerkstätten, waren aber so groß, dass sie als neues Heim für die Liedertafel sehr zweckmäßig erschienen. Bereits am 28. Jänner 1903 konnte das neue Heim bezogen werden, nachdem als Übungsraum entsprechend hergerichtet worden war.
Zu St. Sebastian erlebten die Liedertafler die fröhlichsten, ja übermütigsten Zeiten, die die Vereinschronik bisher aufzuweisen hat. Namentlich seien erwähnt die Abende der Samstagsgesellschaft, die „Katerfrühschoppen“ mit anschließender „Bierreise“ ins Bayrische nach Freilassing. Dann der alljährlich am Aschermittwoch wiederkehrende Heringschmaus, die Josefifeiern, und nicht zuletzt die „Alten Herrenabende“.
Im 65. Vereinsjahr endlich sollte ein auf das Jahr 1856 zurückreichender Gedanke in Erfüllung gehen: der Besitz eines eigenen Heimes im neu zu bauenden Mozarthaus schien in Aussicht gestellt. Durch das Entgegenkommen der Mozartgemeinde war es der Liedertafel möglich geworden, sich in dem neu erbauten Hause für dauernde Zeiten geeignete Räumlichkeiten zu sichern. Die Erwerbung bedingte eine einmalige Leistung eines Baukostenbeitrages von 14.000 Kronen an den Baufonds der Mozartgemeinde, der in relativ kurzer Zeit aufgebracht werden konnte.
Seit 15.11.1913 mit Beginn des 67. Vereinsjahres
Am 15. November 1913 wurde der feierliche Einstand im neuen eigenen Vereinsheim im Mozarthaus (Mozarteum) in der Schwarzstraße begangen. Es bietet nicht nur für die Sänger, sondern auch für Freunde und Gäste Raum und enthält ein eigenes Archivzimmer. An den getäfelten Wänden wurden Bilder aus dem früheren Vereinsheim angebracht. Ein Glasschrank enthält die Geschenke und Ehrengaben, welche sich die Liedertafel im Laufe ihres 66jährigen Bestehens errungen hatte, und vermittelt so ein Bild der tatenreichen Vergangenheit und der bedeutsamsten Ereignisse der Liedertafel.
In diesen Räumen probt die Salzburger Liedertafel bis heute.
Probenräumlichkeiten der Salzburger Liedertafel im Mozarteum